top of page

Ein Stier sieht rot! Oder doch nicht?

  • Autorenbild: C. B.
    C. B.
  • 10. Jan.
  • 2 Min. Lesezeit

Macht die Farbe Rot Stiere wirklich aggressiv?


Rotsehen – ein fester Begriff

Wenn ein Mensch auf das Äußerste gereizt ist und schließlich – verbal oder körperlich – zum Angriff übergeht, sagen wir gern: „Er sieht rot!“ Und wenn etwas für eine Person eine große Provokation darstellt, dann ist es für sie „ein rotes Tuch“. Jeder von uns weiß, was damit gemeint ist. Aber woher kommen diese Redensarten eigentlich?


ein altes aquarell von einem stierkampf
Stierkampf (Bild: Pepe Hillo)

Ursprung im Stierkampf

Seinen Ursprung hat dieser Vergleich im Stierkampf, der vor allem in Spanien, aber auch anderen Ländern wie z. B. Mexiko und Frankreich traditionell verankert und noch heute populär ist. In einem Stierkampf wird das Tier zunächst durch mehrere Spieße verwundet, geschwächt und aggressiv gemacht. In der Endphase provoziert dann der „Star“ des Kampfes, der Torero, den Stier zum Angriff, indem er vor ihm ein rotes Tuch, die sogenannte Muleta, schwenkt. Dabei lässt er die Angriffe des Tieres nach einer traditionellen Choreografie mehrmals ins Leere laufen, um ihn am Ende schließlich mit einem oder mehreren Degenstichen von den furchtbaren Qualen des ungleichen Kampfes zu erlösen.


ein Torrero und ein Stier beim Stierkampf
Stierkampf (Foto: Miguel)

Aber sieht der Stier wirklich rot?

Aber anders als landläufig angenommen hat die rote Farbe des Tuches keinen Einfluss auf die Reaktionen des Stieres. Denn wie alle Rinder sind auch Kampfstiere Dichromaten. Das heißt, sie sehen nur zwei Farben, nämlich Blau und Grün. Sie sind jedoch nahezu „rotblind“. Der Stier reagiert also nicht auf die Farbe, sondern lediglich auf die Bewegungen des Tuches. Oder mit anderen Worten: Die Farbe der Muleta ist für den Kampfverlauf völlig bedeutungslos und ausschließlich der Tradition geschuldet.

Die meisten Säuger sind Dichromaten. Aber nicht alle.

Aber nicht nur Rinder, sondern auch die meisten anderen Säugetiere wie z. B. Katzen, Hunde oder Schweine sind Dichromaten. Es gibt aber auch Säuger, die nur einen Farbrezeptor haben. Diese sogenannten Monochromaten findet man vor allem unter den Meeressäugern wie Robben und Walen. Der Mensch wiederum und auch einige andere Affen sind Trichromaten. Im Unterschied zu den Dichromaten kommt bei uns also noch ein dritter, nämlich ein rotempfindlicher Rezeptor hinzu, der unser Farbspektrum deutlich erweitert und uns die Welt so sehen lässt wie wir sie sehen.

Viele andere Wirbeltiere sehen sogar noch mehr

Vor allem Vögel, Fische und Reptilien sind sogar Tetrachromaten. Das heißt, sie verfügen neben denen für Blau, Grün und Rot sogar noch über einen vierten Rezeptor. Der kann z. B. sensibel für gelbes oder auch ultraviolettes Licht sein. Von großem Nutzen ist dieses erweiterte Spektrum unter anderem für unseren allgegenwärtigen Turmfalken (Falco tinnunculus). Da für ihn auch ultraviolettes Licht sichtbar ist und Mäuseexkremente ausgerechnet in UV-Licht leuchten, kann er die Ausscheidungen der Nager noch aus großer Höhe erkennen. So fällt es ihm leicht, die Pfade und Nester der Beutetiere aufzuspüren und diesen noch gezielter nachzustellen.


ein Turmfalke sitzt mit einer erbeuteten Maus auf einem Ast
Turmfalke mit Maus (Foto: Majidmahmoudi2020)


Comments


bottom of page